Am Lusen
Licht und Wärme
auf Granit
inmitten dunkler
sanfter Wellenberge
in der Weite des
Bayerischen Meeres
Worte verstummen
Die Abendsonne
zeichnet
mit weichen Farben
Sehnsuchtsbilder
die Wellen kommen zurück
und mit ihnen
die Ruhe
Donau
Am Fluss entlang
die Kopfweiden haben längst
Platz gemacht
Nicht mehr viel geblieben
von der einstigen
Lebensader
Zur Wasserstraße verkommen
vergewaltigt im Bett
nackt und schutzlos
Für zärtliche Gedanken
bleiben nur mehr die Nebenflüsse
und die Gedichte
Flussabwärts
Große Ohe, Bayerischer Wald
Flussabwärts
bei den Steinen
liegen Gedanken
moosbewachsen und geheimnisvoll
wie Steinmännchen
dem Spiel des Wassers
überlassen
und erzählen Geschichten
von Holztriften und Klausen
von Glas und Granit
Glas
Farben von Erde und Luft
von Wasser und Feuer
wie die des Granits
der in der Tiefe geboren
erstarrt und herausgehoben
Farben den Jahreszeiten gleich
und denen des Morgennebels
über dem Moosgrund
eingefangene Sonnenstrahlen
und Waldmelodien
zu Farbe und Form
geworden
Wiedereinbürgerung
Wer bürgert uns
einmal wieder ein
in den wenigen Oasen
die noch übrigbleiben
nach unseren Orgien
aus Asphalt und Beton
Vielleicht die
Wildkatze
Herbst
Herbstsonne lässt
die Sommerbilder
nochmals tanzen
Bunt und fröhlich
wirbeln sie die traurigen
Gedanken fort
Goldgelbe Liebesgrüße
bringt der Wind
Blatt für Blatt
Hoffentlich erreichen sie
ihr Ziel noch eh
der Winter kommt
Kurzinfo:
Buch: aus: Friedrich Brandl „Flussabwärts bei den Steinen“ lichtung verlag, Viechtach, 2002
sicht
wieder am lusen
wolkenverhangen und neblig
verhüllt mit einem hemdchen
schämt sich der gipfel
alles ist verborgen
wie oft auch im leben
überraschend dann
ein durchblick – ein ausblick
zwischen den baumskeletten
der neue wald
das schiff aus glas
zur „glasarche“
im nationalpark bayerischer wald
und ich gehe den weg
schlepp meine gedanken
über die felsstufen hinauf
immer höher und höher
bis der himmel ganz nah
und auch die wolken
hier leg ich sie ab
zwischen dem granit
setz sie dem wind
und dem regen aus
der sonne und dem schnee
dann steig ich in das schiff aus glas
das gestrandet ist hier
auf dem gipfel des waldgebirges
vor tausend jahren oder gestern
ganz leicht mach ich mich
damit es mich trägt
und hinüberbringt
blick von oben (15)
der blick von oben hat noch etwas zeit,
der weg hinauf muss erst bewältigt werden
auf schmalem pfad oder auch steilen treppen,
die mühe lohnt sich, bringt zufriedenheit.
tief unten dann die stadt mit ihren gassen,
auch türme, tore kann man gut erkennen,
den fluss im tal, den wald und alles sehnen:
gedanken in die ferne schweifen lassen.
ist alles eng oft unten, hier herrscht weite,
von oben auf dem berg oder auch turm
wird jeder mensch so klein, fast wie ein wurm.
die sicht von oben ist die and´re seite,
denn schauen, staunen bringen ruhe dir,
genieß die stunden in der stille hier.
…und fließt (6)
und eine mittelalterliche stadt,
wo kelten, römer einen stützpunkt hatten,
bevor als bischofssitz der dom im schatten
der veste oben sich den flüssen naht.
an einer stelle treffen sich die drei,
die unterschiedlicher nicht könnten sein:
aus stifters heimat fließt der eine, klein,
mit weichem, schwarzem wasser, wild und frei.
gebirgsfluss, lang und mächtig, gletschergrün
der zweite, sauwaldwärts vom engadin.
der dritte kommt vom schwarzen wald herauf,
durch enge täler, weiten, donaublau
zum eisern´ tor, vorbei an städten, grau
mit stolzen kirchen, brücken auch zuhauf.
Kurzinfo:
Buch: aus: Friedrich Brandl „inmitten meiner grünen insel“ lichtung verlag, Viechtach, 2016
www.brandl-amberg.de